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ADHS: Krankheit oder Beziehungsstörung? (1)

Diagnostik
  1. Die Hyperaktivität eines Kindes basiert immer auf einer frühen und oft andauernden Beziehungsstörung mit den wichtigsten Bezugspersonen, die sich als Verhaltensstörung zeigt.
  2. Sehr häufig sind traumatische Trennungserlebnisse des betroffenen Kindes selbst oder  Traumata der Mutter festzustellen, die sie unverstanden in die frühe Beziehung mit ihrem Kind einbringt.
  3. Der Vater ist als emotional haltender und verstehender Dritter in der Familie entweder abwesend oder er steht außerhalb einer widersprüchlich verwickelten Mutter-Kind Dyade.
  4. Der impulsive Bewegungsdrang des Kindes dient der Flucht vor dem eigenen Innenleben und der emotionalen Nähe in einer Beziehung.
  5. Die aktive Flucht nach Vorne hat die Funktion, die Angst vor der  Wiederkehr früher Ohnmachtserfahrungen im Zaum zu halten.
  6. Der Stimulationsdrang des Kindes hat eine psychisch stabilisierende Funktion für die Mutter. Oft dient die Hyperaktivität des Kindes der Mutter als Antidepressivum. In diesen Fällen hält die Stimulation durch das Kind die Mutter psychisch lebendig.

Bei der Diagnostik sollten altersspezifische Besonderheiten der Symptomatik in unterschiedlichen Altersgruppen Berücksichtigung finden:

  • Die Diagnose einer ADHS soll vor dem Alter von drei Jahren nicht gestellt werden.
  • Bei Kindern im Alter von drei bis vier Jahren kann die Diagnose in der Regel nicht hinreichend sicher gestellt werden.
  • Bei Kindern im Vorschulalter soll die Diagnose in der Regel nur bei sehr starker Ausprägung der Symptomatik gestellt werden.
  • Bei jüngeren Kindern können sehr stark ausgeprägte Unruhe, Impulsivität und Ablenkbarkeit sowie Störungen der Regulation Risikofaktoren für die Entwicklung einer ADHS sein.
  • Je jünger die Kinder sind, umso schwieriger ist eine Abgrenzung zu Normvarianten.

Andere psychische Störungen müssen differenzialdiagnostisch abgegrenzt bzw. als koexistierende Störungen bedacht werden.

Nach den S3 Behandlungsleitlinien kann eine ADHS Diagnose vergeben werden wenn die Symptome von Hyperaktivität,
Impulsivität und / oder Unaufmerksamkeit nach den Kriterien von ICD-10 oder DSM-5 erfüllen werden. (AWMF Registriernummer 028 045)
Die Symptome und die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen müssen in mehreren Lebensbereichen auftreten. Wenn die Symptomatik
nur in einem Lebensbereich auftritt (z.B. nur in der Schule / bei der Arbeit, nur in der Familie), kann dies ein Hinweis auf andere psychische Störungen  sein, die es dann differenzialdiagnostisch abzuklären gilt.